Donnerstag, 13. September 2007

„Spielregeln“ der Innovation

von Haka Hori und Kazue Haga

Haltet euch an die „Spielregeln“, fordert Kanzlerin Dr. Angela Merkel von den Chinesen (1). Mehrfach. Bei ihren Chinabesuchen ohnehin. Ein uraltes „Spiel“. Wer oben ist (oder glaubt oben zu sein, meistens ein Irrglaube), tritt die Leiter weg, damit die Nachrücker nicht hochkommen. In Deutschland (im Politikgeschäft) auch 5%-Regel genannt.

Als England oben war, versuchen sie die Deutschen wegzukicken. Geburt von „Made in Germany“.

Die alteuropäische Autoindustrie (inklusive U$A) beherrschte einst die Welt.

Wie kommen Nachzügler in den Markt? Wer die „Spielregeln“ akzeptiert, bleibt draußen. Daß sie akzeptiert werden, dafür sorgt die World Trade Organisation WTO, die Lobbykraft der Etablierten, Kanzlermarketing und ein Heer von Ökonomen, die Ricardos Theorem der komparativen Kosten mit Freihandel gleichsetzen.

Die folgenden Links (2) und (3) verdanken wir der französischen Wirtschaftszeitung Les Echos, welche eine sehenswerte Fotoserie über den WEG (Dao) von Toyota auf ihrer Website darbietet.

Das Bild zeigt den ersten Toyotawagen, Baujahr 1935, für fünf Personen, Höchstgeschwindigkeit 100 km/h. Man beachte die Haltung der Menschen – sie verbeugen sich – vor wem? Vor den Spielregeln selbstverständlich. Den Spielregeln der Innovation. Der BDI, würde, wenn er könnte, heute noch, in solch einem klaren Fall, mit Unterstützung des BKA (Bundeskanzleramt), Klage erheben, wenn er nicht das Schicksal des sterbenden Frosches für seine Mitglieder kultivierte: Produktpiraterie à la Chinois, unternehmerisch erlernt vom japanischen Dieb: Vorbild Chrysler Airflow, ein Nachdepressionsprodukt. Diebstahl also, bringt Toyota auf den Weg. Standortgefährder.

72 Jahre später ! Toyota Nr. 1. Die anderen laufen hinterher. Toyota hat seinen Hybridmotor mit Dutzenden von Patenten vor dem Diebstahl jener geschützt, die den Einstieg verschlafen haben.(3 ) Schlaf schützt vor Verletzung der Spielregeln. Deswegen braucht Afrika soviel Entwicklungshilfe anstelle von Einführungen in die Regelkunde der zivilisierten Welt und die Industrie die Unterstützung ihrer Kanzler und Finanzminister.

Chinesen, religionsscheu wie sie sind, halten sich nicht an die Religion der Eigentumsrechte. BMW ist das letzte Opfer ihrer Blasphemie – und bringt den Raubkopierer vor Gericht (4), der sich nicht scheut, im Heimatmarkt des Premiumproduzenten Kunden zu suchen und auf der Automobilausstellung sein Produkt schamlos zu enthüllen, ohne Bikinigirls dazu.

Von den spanischen Jesuiten zu lernen, war noch nie eine schlechte Geschäftsstrategie.

72 Jahre nach 1935: „VW ahmt Toyotas Strategie nach“, berichtet uns die Financial Times Deutschland, rechtzeitig zur Eröffnung Automobilmesse. (5)

„Toyota hat seinen Absatzvorsprung auf Gebieten gemacht, wo wir in den vergangenen Jahren nichts gemacht haben“, erläutert uns „VW-Chef“ Martin Winterkorn (5). Die Kanzlerin hat Recht: mit der Einhaltung der „Spielregeln“ wäre VW solches nicht passiert. Toyota wäre längst begraben und der Einsatz der Hybridtechnologie könnte auf jenen Zeitpunkt warten, bei dem Automanager endlich das haben, was sie brauchen, um zu innovieren: „Planungssicherheit“, auch seitens der Politik. Wie Martin Winterkorn dem Handelsblatt mitteilt: „Was wir brauchen, ist Planbarkeit, denn ein Fahrzeug, mit dessen Entwicklung wir heute beginnen, ist in 30 Jahren immer noch auf der Straße.“(6) Und genau dieser Umstand ist es, der Erzengel Gabriel so viele schlaflose Nächte bereitet. Wie der VW-Chef in der FT.de weiter betont: „Wir alle wollen Geld verdienen, Arbeitsplätze sichern und mehr Volumen machen“ (5).

Wir danken der Kanzlerin für ihr Bemühen um den Standort Deutschland. Was würde mit VW, MAN (will LKWs in China bauen) usw. passieren, wenn die Chinesen das nachmachen, was Toyota ihnen vorgemacht hat? Schmach aller Schmach: Ein China-Hybrid rollt vor einem DE-Hybrid über deutsche Straßen. Denn Hybridautos Made in China kommen wohl zeitgleich mit den deutschen auf den Markt. Brilliance plant für das Jahr 2009 die Einführung eines Hybridmodells. (7)

(1) http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,502406,00.html

(2) http://www.lesechos.fr/diaporamas/index.php?id_diap= DIAP270807136_870AD9&id_rub=1067&id_sous_rub=0& auto=0&id_photo=4169

(3) http://www.lesechos.fr/diaporamas/index.php?id_diap= DIAP270807136_870AD9&id_rub=1069&id_sous_rub=0 &auto=0&id_photo=4183

(4) Mark Landler, Germans see imitation in Chinese cars, The New York Times, 12. 9. 2007, http://www.nytimes.com/2007/09/12/business/worldbusiness/12auto.html?th&emc=th

(5) http://www.ftd.de/unternehmen/industrie/:VW%20Toyotas %20Strategie/251737.html.

(6) Handelsblatt, 11. September 2007, S. 2, IAA 2007, „Was wir brauchen ist Planbarkeit“.

(7) FAZ, 1. September 2009, S. 49: „Brilliance will glänzen“.

Theoretische Grundlage ist die Theorie der nachholenden Entwicklung.

Siehe hierzu Kapitel 5 in: Jochen Röpke und Ying Xia: Reisen in die Zukunft kapitalistischer Systeme. Grundzüge einer daoistischen Kinetik wirtschaftlicher Entwicklung.

Zu Toyotas Hybrid-Management, Kazue Haga und Jochen Röpke, Wie lernen Unternehmer?

13.9.07 18:30 (Übernommen am 25.11.2007)