Montag, 28. Juli 2008

Energiepreise und ihre politischen Folgen

22. Juli 2008

Jochen Röpke

Der Anstieg der Öl- und Gaspreise hat auch sein (theoretisch) Gutes. Er irritiert oder stört die eingespielten Problemlösungen. Die Preisexplosion stürzt die classe politique in einen Zustand der Aufgeregtheit, wie ein Fuchs die Hühner im Stall. Nahezu stündlich neue Vorschläge. Wir können dies nicht im Detail verfolgen, zudem wir auch keine Superlösung parat haben – außer die Anpassungs- und Innovationsfreiheit nicht weiter zu beschränken sondern auszuweiten.



Quelle: Martin Wolf, A year of living dangerously for the world, The Financial Times, 15. Juli, 2008.

Alle uns bekannten Vorschläge dienen zunächst dem Zweck, was auch völlig legitim ist, die eigene Machtposition zu sichern und für anstehende Wahlen zu stärken, also der Stimmen- und Aufmerksamkeitsmaximierung. Maßnahmen kaufen Wählerstimmen. Dies gilt es im politisch-medialen Vorfeld zu sondieren. Es läuft also ein politik-mediales „Entdeckungsverfahren“ (F.A. Hayek). Die wirtschaftlichen und ökologischen Auswirkungen sind sekundär. Die massiven Kaufkraftverluste für die Bürger sind Datenänderungen, an die es sich stimmenmaximierend und machterhaltend anzupassen gilt. „Schöpferische Antworten“ (Schumpeter) sehen wir nicht. Wir sehen auch nicht, wie man - jetzt ist es raus – ohne vermehrte Nutzung der Atomkraft, die Bürger halbwegs vor der kollusiv durchgesetzten Energiepreisabzocke (auch jenseits von Erdöl) schützen kann (Siehe die von David MacKay vorgestellten Energie-Alternativen: Sustainable energy[1]). Das Biospritdebakel hat deutlich gemacht, welche Folgewirkungen das kognitive Aussitzen von Interdependenzwirkungen auslöst. Die Energiefrage ist zudem längst ein politik-ökonomisches Problem, auch eines mit kultur-religiösen Ebenenkonflikten. Leiden tun die „Ungläubigen“. Wann immer der Ölpreis (etwas) sinkt, legen die Saudis und Russen preistreibend nach. Die Rache des Muselmanns und der russischen Oligarchie. „Peakoil“ steht für beide vor der Tür.[2] Holen wir raus was geht. Lassen wir das Auto in der Garage und besorgen uns eine Rechtsschutzversicherung, um gegen die Heizkostenabrechnung anzugehen. Für die Autokanzlerin entfaltet sich eine Konstellation nicht ohne Reiz, wenn auch mit potentiell fatalen Folgen. Die konventionelle Antriebstechnik macht der Autoindustrie, ohnehin in der Sättigungsphase ihres Lebenszyklus, immer stärker zu schaffen. Die Nachfrage bricht ein, die überkomplexen, technisch raffiniert hochgezüchteten Modelle stoßen auf den Widerstand der kaufkraftverarmenden Nachfrager, fossile Energie sparende Modelle sind in weiter Ferne. Noch schlimmer: Sind Elektroautos endlich serienreif, wer kann in einem Land wie Deutschland, die Elektrizität für ihre Nutzung noch bezahlen? „AKWs“ sind politisch geoutet, Saharastrom noch nicht einmal angedacht.


[1]
Dirk Scheuring, „Wir brauchen Zahlen, keine Adjektive“, Telepolis, 14. Juli 2008.
[2]
David Cohen, Peak oil is a done deal, 16.Juli 2008, Investor Village Message Board, HTE, Message 11980.

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