Dienstag, 27. November 2007

Klimawandel, Arbitrage und ein Mann mit Namen Mandeville

Kazue Haga und Jochen Röpke

Wie paßt das im Titel genannte zusammen?

Vor kurzem wußten wir es auch nicht bzw. es war außerhalb unseres Beobachtungshorizonts.

Dann zwei Nachrichten:

Nr.1 "Männer sind schuld am Klimawandel“ Wer hat eigentlich mehr Schuld am Klimawandel - Männer oder Frauen? Für die Bremer Professorin Ines Weller ist der Fall klar: Männer essen mehr Fleisch, fahren protzige Autos und wollen ihr klimaschädigendes Verhalten nicht ändern."

Quelle: Spiegel

Nr. 2

Cheap dollar spurs British buying spree

Rebecca Knight, The Financial Times, 17. November S. 6.

Ein „Consultant“- zum Geschlecht später – tut das, was Arbitrageunternehmer auszeichnet: Preisunterschiede erkennen und ausnutzen. Der Dollar fällt, der Pfundkurs gegenüber dem Dollar steigt, vieles in den USA wird aus UK-Sicht billiger, so billig, daß es sich lohnt, in die USA zu reisen (mit dem Flugzeug; Klimawandel) um dort Luxuswaren zu erstehen.

Zum Beispiel:

Eine “Tiffany Mark Round quartz watch” kostet in Old Bond Street in London 2,775 Pfund, auf der Fifth Avenue New York 2,535 Pfund. Ein satter Arbitragegewinn.

Ein „Hermes scarf in the UK sells for £186”, in den USA gekauft macht man einen Arbitragewinn von “$ 47”.

Leider, wie unser Consultant zu berichten weiß, gibt es Luxusgüter, die „manage to stay on top of the exchange rate, making arbitrage almost impossible.".

Was kauft nun der Consultant? Rebecca Knight berichtet: „Frau Martin“ (jetzt ist es raus, aber die Wissenschaft verlangt ehrliches zitieren) „plans to upgrade her winter wardrobe: a coat from Marc Jacobs, and boots from Jimmy Choo; she also has designs on a Miu Miu Plisse leather bag. For Christmas, she will buy a Bose sound Dock for her husband“ (!!).

Miu Miu RN0 467 € 1025

Wir gehen hier nicht der Frage nach, warum Frauen so etwas kaufen. Sagen wir einfach:

Frauen, einige, auf einer bestimmten Evolutionsebene (in der Abbildung „All right“, Level 5), mögen es. Warum, vermuten wir auch zu wissen, inklusive der Vermutung, Männer kauften viele klimaschädliche Sachen, weil ihre Frauen/Freundinnen es ihnen einreden. Es wäre jedoch, gingen wir hier in die Tiefe, gender-theoretischer Sprengsatz, den wir lieber nicht zünden. Männer kaufen solche Dinge, wie die oben beschriebenen, sagen wir es vorsichtig, eher nicht, oder fast nicht, verschenken somit auch Arbitragegewinne – außer für ihre Frauen, falls sie diese nicht mehr lieben, oder wenn sie auf dem Level 4 operieren, aber die Kosten für einen Scheidungsanwalt scheuen. Was auch wieder ein Arbitragegeschäft ist.

(In dieses Bild integrieren wir ein evolutionstheoretisches Konzept, genannt „Spiraldynamik“. Wir erläutern es hier nicht. Siehe ausführlicher die Quelle in Fußnote 3).

Alles jedoch kein Problem, wenn wir den Klimawandel, generell: Umweltzerstörung (ökonomisch: externe Wirkungen oder soziale Kosten, die dem Verursacher nicht zugerechnet sind) zunächst ausblenden.

Denn wie Bernard Mandeville (1670-1733),der Adam Smith die „unsichtbare Hand“ vermittelt, schon wußte:

„Das Allerschlechteste sogar

Fürs Allgemeinwohl tätig war.“

Private Laster schaffen gesellschaftliche Vorteile, modern Gemeinwohl, noch moderner, sind ein Segen für die internationale Gemeinschaft. Wir sehen das an den vielen NGOs, die für Weltfrieden und gegen Hunger kämpfen und ihren Initiatoren stattliche Renten bescheren.

Eine tugendethische Provokation, die Jürgen Habermas vehement zurückweist. Die Laster bestehen bei Mandeville in einem grenzenlosen Habenwollen und dieses ist ein typisches Merkmal einer Evolutionsstufe, die irgendwann auch überwunden wird. Die Bedürfnisstruktur der Menschen, die nach immer neuen Befriedigungen sucht, ist von Geld geprägt. Money talks. Nach Mandeville nicht zu verdammen: Zum einen sind die Reichen, oder die Reichtum Anstrebenden, blöd genug, sich zu Tode zu schuften - der reichste Mensch (Mann, Frau) auf dem Friedhof – und sie halten dadurch, ungewollt, auch noch die „Armen“ in Brot. Die Kritik von Zhuangzi (369 bis 286 v.u.Z.), scheint, nach Mandeville, und wenn wir Frau Martin als Rollenmodell betrachten, deplaziert: „Der habsüchtige Reiche fühlt sich bedrückt, wenn er keinen Reichtum anhäuft. Solche Menschen beobachten freudig den Wechsel der Umstände [wie der Wechselkurse] und den Eintritt günstiger Gelegenheiten [Miu Miu]), und wann immer sich die Möglichkeit bietet, etwas zu tun, können sie nicht stille halten. Sie bleiben in tausendundeinen Angelegenheiten verstrickt, bis sie sterben. – Wie traurig.“

Warum traurig? Fast allen geht es besser durch Arbitrage: dem Selbstwertgefühl der Frau, dem Consultingbusiness (vor allem wenn es um die Beratung von Ehepartnern geht), den amerikanischen Luxusgütershops und der US-Handelsbilanz. Und den Airlines. Die Business Class Airline Silverjet berichtet (so zu entnehmen aus Nr. 2) über einen „bedeutsamen Anstieg“ ihrer Buchungen London - New York in den letzten drei Wochen (ein Flug kostet, return, 1539 Pfund). Wie der CEO von Silverjet sagt, erlaubt der niedrige Dollarkurs es den Passagieren, „offsetting the cost of their flight“ durch die „substantial savings on luxury goods“. Der Rückgang der Buchungen durch Investmentbanker der Londoner City in Folge der Hypotheken/Kreditkrise läßt sich somit mehr als kompensieren. Was wiederum Mandeville und Smith bestätigt. Der „Reichtum anhäufend“-wollende Banker findet einen schönen Ersatz in Luxuskonsum und –business. Auch hier haben Frauen wieder ihre Vorteile. Ein schönes Heim hat jede(r) gern, wenn etwa Tigerfelle, Preis 12 000 Dollar, die Wand der Wohnung schmücken und Mäntel aus dem Fell der gleichnamigen Raubkatze den Mitmenschen die weibliche Naturverbundenheit signalisieren.

Was passiert mit Arbitrage, wenn das Interesse an dem Gut, seien es Luxushandtaschen oder Autos, mangels Habenbedürfnissen, schwinden sollte? In Japan verkaufen sich Autos immer schlechter. Laut einer Umfrage im Tokioer Raum besitzen nur noch 13 % der Zwanzig- bis Dreißijährigen ein Auto, während der Anteil im Jahr 2000 noch 23,6 % betrug. Junge Japaner geben lieber Geld für Internet und Handy und die Kombination von beiden aus. Was wir im Entwicklungsprozeß beobachten können: eine Transformation von Habenbedürfnissen und entsprechender Nachfrage in tiefere Bedürfniskategorien, die eine Entmaterialisierung der Produktion mit sich bringen. Das dauert. Bei Männern, gendertheoretisch, besonders lange.

Doch schon der dem Matriarchat zugeneigte Laozi (Level 7 ff.), Gründer des Daoismus, wußte:

„Menschen [Frauen] des Einklangs [mit der Natur ] begehren nicht zu begehren.

Sie schätzen keine Wertsachen hoch, die schwer erhältlich sind.“

(Dao De Jing, Kapitel, 64. Kapitel).

Wer leidet? Gaia. Das Klima. Airline-Shopping zur Befriedigung von Habenbedürfnissen. Auch die Genderwissenschaft. Und vielleicht die chinesischen Coolies, die Miu Miu usw. auf Italo-Gender-Qualitätsniveau herstellen, und denen die Copyrightgesetze (die „Spielregeln“ Angela Merkels) verbieten, Identisches mit 90 Prozent Discount über Ebay oder Alibaba.com anzubieten. Wir sehen auch, was die Aussetzung bestimmter Spielregeln (in China: copyright = right to copy) anrichtet: eine schlimme Diskriminierung ärmerer Mitglieder des weiblichen Geschlechts.

Es mag sein, um bei der daoistischen Theorie zu bleiben, daß ein Umweltschaden einen männlichen oder yang-Charakter aufweist. Männer existieren aber in einer Beziehung mit Frauen. Die Eigenschaften der „Männer“ ergeben sich aus dem Zusammenwirken mit Frauen (yin). Umweltzerstörung ist Ausdruck von yin-yang-Disharmonien auf bestimmten Ebenen menschlicher Existenz. Hinter und neben Männern stehen Frauen.

Angenommen, „Frauen seien besorgter und sensibler in Sachen Klimawandel“ ( laut obiger Aussage in Spiegel-online) und sie konsumierten die bereits existierenden Waren in bescheidenerem Ausmaß. Zweifellos würde sich dieses auch in ihrem Arbitrageverhalten zeigen. Mandeville würde auf einer „tieferen“ Ebene (in obiger Abbildung 7ff.) der Evolutionsspirale wirksam, gleichsam in einen Anhänger Laozis transformiert, im Bild, klimafreundlich, auf einem Büffel reitend und heute, als Unsterblicher, auf dem Rücken eines Drachens, uns zu einem yin-yang-harmonischen Umgang mit der Umwelt anhaltend.

Update (5. Dezember 2007)

„Christmas-Shopping in New York ist in diesem Jahr so gefragt wie nie, das mag auch an dem derzeit starken Euro liegen“, berichtet die Welt am ersten Adventsshoppingsamstag 2007. „Billiger shoppen in New York, Dollar-sei-Dank.“ Es könnte sogar ein Volksfest werden in New York: „Luxus ist greifbar geworden“. [1] Der Weihnachtsmarkt ist eine Angelegenheit des Prekariats und der GKV (welche die gesundheitliche Nachwirkungen des weihnachtlichen Vergnügens bezahlen muß).

Da die chinesische Währung an den Dollar gekoppelt ist, lohnt sich auch ein Weihnachtseinkauf in Shanghai (falls die Sinohaie mitspielen und nicht wieder draufschlagen, was der Dollarkurs hergibt) – oder Dubai (steht ganz hoch im Kurs: dort gibt es auch einen „Staatsfonds“, den wir nach Deutschland nicht reinlassen – schade, die Allianz AG und andere würden gerne und steuerfrei, dank sei Hans Eichel und der Großen Koalition, Weihnachtspakete mit Gewinn abstoßen). Günstige Flugtarife tun ihr übriges. [2]

Die chinesische Währung fällt gegenüber dem Euro

Chinesischer Yuan in Euro. Chinesische Güter sinken für Eurokäufer im Preis.

Als Arbitrageshopper danken wir auch der EU, die sich in China eine Abfuhr mit ihrem Wunsch eingehandelt hat, die chinesische Währung doch endlich dem freien Spiel der Kräfte zu überlassen.[3] Wir können jedoch nicht ausschließen, daß die Vertreter der Euro-Souveräne (also von uns), die Gelegenheit ihres Aufenthaltes in China arbitrage-ökonomisch genutzt haben. Alles andere wäre eine Enttäuschung am gesunden ökonomischen Sachverstand unserer Führer - die ernsthaft zu glauben scheinen, sie könnten chinesische Mandarine wie europäische Souveräne behandeln.

Wer die Gender-Treiber dieser Shoppingarbitrage sind, geht aus den Artikeln nicht hervor. Die Forschung sagt uns anderseits: Frauen lieben shoppen, Männer kaufen (rein ins Geschäft, raus, möglichst rasch, mit Mission und klaren Zielen): 'Men Buy, Women Shop': The Sexes Have Different Priorities When Walking Down the Aisles”. Warum die Scheidungsraten nach Weihnachten nach oben springen, eine Antwort darauf ..

Lassen wir Gerechtigkeit walten.

Les femmes payent la retraite des hommes[5]

Salariat : les femmes ne sont pas des hommes comme les autres[6]

Es sind - in Frankreich - dem Land mit einer Kernkompetenz in der Produktion von Luxusgütern - die Frauen welche die Renten und Pensionen der Männer bezahlen. Nennen wir es Genderarbitrage. Wie das möglich ist, sagt uns Marianne: « Die Frauen sind keine Menschen wie die anderen ». Wo sich Männer und Frauen zu gleichen scheinen: Sie geben (an Weihnachten und auch sonst) viel Geld für Geschenke aus, die der Beschenkte eigentlich nicht mag und vergessen schnell, was die Geschenke ihrer Partner waren[7] .

Unsere Klimaschützer auf Bali sind aus anderem Holz geschnitzt. Kein eigenes Geld fließt. Ihre schlechten Gewissen werden mobilisiert: „Ich habe eben gelernt, mit meiner eigenen Schuld zu leben“, berichtet Rajendra Pachauri, der Topdog der Klimaschützer[8]. Ines Weller hat es richtig gesehen: yang-Menschen (Männer, überwiegend), „voll-klimatisierte Klima-Bürokraten[9] “,10000 Plus , ringen um unser Wohl, Arbitrageure des Klimas:

„Das Allerallerbeste sogar

Fürs Allgemeinwohl schädlich war.“

------

[1] http://de.wikipedia.org/wiki/Bernard_Mandeville

[2] Thomas Scheen, Vor allem ein Geschäft, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13. November 2007, S. 1.

[3] Röpke & Xia, Reisen in die Zukunft kapitalistischer Systeme, 2007, Abschnitte 5.9 und 8.3.

[4] Zhuangzi zitiert in Lin Yutang, Die Weisheit des Laotse, 15. Auflage, Fischer Taschenbuch, S. 115.

[5] Futurepundit, 17. November 2007: Asian industrialization threatens many species, http://www.futurepundit.com/archives/004800.html

[6] Quelle: http://bizmakoto.jp/makoto/articles/0708/24/news077.html (in japanischer Sprache), Abruf am 12.11.07.

[7] Eine japanische Mutter (!), 36, wurde verhaftet, weil sie ihre Tochter (!), 15, wegen deren Handykosten (120.000 Yen , etwa 740 Euro, im Monat) so heftig schlug, daß der Heilungsprozeß zwei Wochen dauert. In einem Internetartikel wurde darüber diskutiert, ob so viel Handykonsum angemessen ist: http://headlines.yahoo.co.jp/hl?a=20071115-00000003-jct-sci (in japanischer Sprache), Abruf am 19.11.07.


Update:

[1] http://www.welt.de/reise/article1370098/Billiger_shoppen_in_New_York_Dollar-sei-Dank.html

[2] Die Welt, 1. 12. 2007: http://www.welt.de/reise/article1414033/Zum_Weihnachtseinkauf_mal_eben_nach_Shanghai.html.

[3] „China verweigert Aufwertung des Yuan“, FAZ, 29. November 2007, S. 8.

[4] http://knowledge.wharton.upenn.edu/article.cfm?articleid=1848

[5] http://www.marianne2.fr/Les-femmes-payent-la-retraite-des-hommes_a81522.html

[6] Marianne, 29. November, http://www.marianne2.fr/Salariat-les-femmes-ne-sont-pas-des-hommes-comme-les-autres_a81534.html

[7] Britons waste billions on unwanted Christmas gifts, Reuteurs, 3. Dezember 2007, http://www.reuters.com/article/lifestyleMolt/idUSL037326420071203.

[8] Amy Yee, In the hot seat, The Financial Times, 1. Dezember 2007.

[9] Sebastian Knauer, Voll klimatisierte Klima-Bürokraten im Anflug, Spiegel Online, 1. Dezember 2007, http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,520820,00.html.

Keine Kommentare: