Dienstag, 6. November 2007

Schumpeter (PBUH) 1939 zur Finanzkrise 2007

von Jochen Röpke
Schumpeter 1939
In ”the atmosphere of secondary prosperity there will... develop reckless, fraudulent, or otherwise unsuccessful enterprise, which cannot stand the tests administered by [primary] recession. The speculative position is likely to contain many untenable elements which the slightest impairment of the values of collateral will bring down. ... Part of the debt structure will crumble”
Schumpeter, Business Cycles, 1939, volume 1, S. 148.
„In der Atmosphäre der sekundären Prosperität werden auch verantwortungslose, betrügerische und in anderer Weise erfolglose Unternehmungen entstehen, die den Prüfungen, wie sie die Rezession mit sich bringt, erliegen. Die Spekulation wird wahrscheinlich viele unhaltbare Elemente in sich tragen, die durch die geringste Minderung der Sicherheiten (Übersetzung im Original: „Lombardwerte“ zusammenstürzen. Das braucht alles noch nicht unbedingt die Ausmaße einer Panik oder einer Krise anzunehmen– keines dieser Worte, daran sei erinnert, ist ein Fachausdruck - aber es induziert sehr leicht Paniken oder Krisen.“
Schumpeter, Konjunkturzyklen, 1961, Band 1, S. 157.
2007
Lucus Zeise, schreibt in der Financial Times Deutschland zur „Finanzmarktkrise“: „Die Neuverpackung und Umverteilung der Kredite hat schließlich an deren Qualität nichts verändert. Der Zweck der neuen, massenhaft angebotenen Dienstleistung war vornehmlich die Generierung von Provisionen, Gebühren und Kommissionen, die Investmentbanken, Ratingagenturen, Makler und Rechtsberater in diesem Geschäft abgreifen können.“ Dies liegt ziemlich nahe an Schumpeters Beobachtung vor 70 Jahren, im Kern bereits in seinem Buch „Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung“ von 1911 erläutert.
Um was geht es hier? Ganz abstrakt gesagt: die Interaktion zwischen den Systemen Innovation und Arbitrage. Im modernen (angelsächsischen) Finanzkapitalismus (die Franzosen nennen es Neokapitalismus) haben Politik und Zentralbanken Arbitrageunternehmertum auf den Finanzmärkten eine ideale, weitgehend nicht-kontrollierte Lebenswelt geschaffen. Daß Ökonomen eine solche mit Wohlstandssteigerungen verbinden, ist eine andere, überwiegend traurige, ihren Modellen geschuldete Tatsache. Und daß Arbitrageunternehmer irgendwann durchdrehen, ist auch normal. Psyche und Ethik fördern ein solches. Wir stimmen daher den Ausführungen von Lucas Zeise, einem frühen und immerwährenden Beobachter und Warner, in einem Punkt nicht zu:
„Noch ist praktisch alles an diesem Gegenstand strittig mit Ausnahme des Satzes, dass, wie Weber [Chef der Bundesbank] formulierte, "Finanzkrisen hohe volkswirtschaftliche Kosten verursachen" können. Aber weder ist klar, was eine Finanzkrise ausmacht, noch, was ihre Ursachen sind, noch, welche Folgen ertragen oder durch geschickte Politik vermieden werden können. Noch umstrittener ist, ob Finanzkrisen selbst vermeidbar sind und was getan werden müsste, um sie zu vermeiden. Schließlich ist auch strittig, welchen besonderen Charakter gerade die aktuelle Finanzkrise hat. Wüsste man dies, könnte man auch eher sagen, welche Verwerfungen - um nicht zu sagen Opfer - noch zu erwarten sind.“
Im vorherrschenden neoklassischen Paradigma stimmt das so. Setzt man die Brille der Österreichischen Schule auf, sieht man schon Anderes. Schumpeter et al. sehen wieder andere Ursachen und Folgen. Und wenn wir ein Modell unternehmerischer Funktionstiefe (Routine, Arbitrage, Innovation, Evolution) und der strukturellen Kopplung wirtschaftlicher Teilsysteme, bevölkert mit diesen Unternehmertypen, heranziehen, ist meines Erachtens die „Krise“ theoretisch erklärt und handlungspraktisch ziemlich klar, was zu machen wäre. 6.11.07 18:36 (Übernommen am 25.11.2007)

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